Als sei meine leise Anklage, gut verpackt in meine letzte Kolumne, erhört worden, erreichte mich per Post ein besonderer Wein: Black Stallion Bucephalus. Was ihn so besonders macht, noch bevor er geöffnet und gekostet wurde, ist schnell gesagt: der Preis. Black Stallion Bucephalus ist der hier bisher teuerste verkostete Wein.
Wundert mich das? Nein. Der Namenspate dieser grossen Cuvée ist immerhin der schwarze Hengst Alexander des Grossen, für den dessen Vater den Monatssold von 1.500 Soldaten bezahlte. Von diesen Dimensionen sind wir weit entfernt, insofern ich zum Preis einer Flasche weiter auch nicht eingehen werde. Interessanter ist eigentlich die Feststellung, dass Bucephalus übersetzt „Ochsenkopf“ heisst. Meine persönliche Interpretation führt zur Dickköpfigkeit des schwarzen Hengstes – und nicht zu seiner Physiognomie; die Mischung aus Berberhengst und thessalischer Stute führt eher zu einem filigranen Tier, dem slowenischen Lipizzaner nicht unähnlich.

 

Von Alexander dem Großen heißt es, sein Wunsch nach großen Eroberungen sei zum ersten Mal erwacht, als es ihm als Knaben noch gelungen war, Bucephalus, einen damals ungebärdigen Junghengst, zu reiten. Welche Wünsche werden in mir erwachen, wenn ich den Black Stallion Bucephalus verkostet habe? Wir werden sehen… Keineswegs erwacht ist in mir der Wunsch, diesen Wein zu dekantieren oder zu karaffieren. Beides Hantierereien, für die mir beinahe jedes Verständnis fehlt (beinahe, weil alte Rote mit Depot durchaus dekantiert werden sollten, wie auch sehr junge Weine durch das Karaffieren gewinnen können). Der Kleinbürger im besseren Restaurant kann das Eine vom Anderen nicht unterscheiden, das Servicepersonal oftmals genauso wenig – und so wird fleissig in fragwürdige Behälter gekippt, was zuvor mit Umsicht in der Flasche gezogen wurde. Es handelt sich wirklich um eine Legende, dass guter und alter Rotwein immer „atmen“ muss, um seine Aromen zu entwickeln. Im Gegenteil: insbesondere lange gereifte Rotweine sollten binnen zweier Stunden getrunken werden, weil ihr Geschmack durch den Sauerstoffschock leiden kann. Die wenigen echten Sommeliers empfehlen heute, jüngere, mittelschwere Rotweine und jüngere, kräftige Weißweine zu karaffieren – wenn überhaupt.

 

Mein Bucephalus – eine 2010er Cuvée aus 81% Cabernet Sauvignon, 15% Merlot, 3% Syrah, 1% Petit Verdot – verfügt über einen selbstbewusst-langen Naturkork, der sich unter einer optisch wie haptisch schönen Wachskapsel verbirgt. Die Flasche ist so elegant gestaltet wie vieles, was für echte Noblesse steht und frei von dem Bling-Bling, das mich vor manchem Champagner, Cognac und Gin zurückschrecken lässt. Nach dem behutsamen und glücklichen Öffnen viniere ich erst einmal mein Glas. Ja: auch ein Zinnober, der einem den Weingenuss vergällen kann, hier aber für mich allein gern praktiziert. Warum? Nun: ich zumindest schmecke zuerst mit der Nase, weshalb ich einen kleinen Schluck Wein in mein Glas einschenke, das Glas dann schwenke, bis es innen vollständig mit dem Wein benetzt ist. Diesen winzigen Schluck Wein entsorge ich dann, schenke aber den folgenden, meinen ersten Schluck, in ein wunderbar duftendes Glas ein. Das ist auch schon alles.

 

Meine Nase nimmt sofort und unmissverständlich wahr, was ich erwartet habe: die roten Beerenfrüchte – hier vor allen Dingen die Brombeere und die schwarze Johannisbeere – gepaart mit holzigen, zedrigen Tönen, und etwas sehr französischem, Lavendel nämlich. Ganz und gar wunderbar, dass sich exakt dieses Geruchsbild am Gaumen spiegelt! Der lange Abgang schenkt noch etwas Kakao und kräftige Tannine – ein Bilderbuch-Wein! Da der Bucephalus in zu 46% neuen Fässern aus französischer Eiche reift, zwei Jahre lang, überraschen mich „französische Noten“ keineswegs. Überraschend ist für mich lediglich der Lavendel-Geschmack anstelle der erwartbaren Vanille-Note. Und genau dieses Spiel aus erwartbaren, natürlich perfekt austarierten, und vollkommen überraschenden Aromen, machen den Bucephalus unverwechselbar. Der Versuch, das passende Essen dazu zu finden, gelang: ein grosses Steak. Auch neben einer kräftigen Zigarre kann er sich gut behaupten, dieser „Ochsenkopf“ von einem Wein.

 

Ganz persönlich hänge ich der Meinung an, geteilte Freude sei doppelte Freude – und teilte diesen besonderen, grossen Wein gerne. Allein: die komplexe Wucht verdient wenigstens meine ungeteilte Aufmerksamkeit – was auch noch so angenehme Gesellschaft ausschliesst und, ganz ehrlich gesagt, auch das Steak wie die Zigarre. Aber finden Sie das bitte selbst heraus. Mein Versprechen brechend, komme ich zum Schluss doch noch einmal auf den Preis zurück: der Preis ist, relativ wie absolut, hoch. Aber statistisch gesehen, gibt der Deutsche im Schnitt 3,- Euro für eine Flasche Wein aus. Was spricht gegen zehn Tage Enthaltsamkeit? Was spricht gegen diesen herausragenden Wein, ein bis zwei Mal im Monat? Nichts. Absolut gar nichts. Und genau das ist der Wunsch, den Bucephalus in mir erweckte.

https://vinobucks.de/shop/de/rotweine/usa/black-stallion-estate-winery-bucephalus-2010.html

 

Black Stallion Bucephalus

As if my quiet accusation, well packed in my last column, had been heard, a special wine reached me by mail: Black Stallion Bucephalus. What makes it so special, even before it was opened and tasted, is quickly said: the price. Black Stallion Bucephalus is the most expensive wine tasted here so far.
Does that surprise me? No. After all, the godfather of this great cuvée is the black stallion of Alexander the Great, for whom his father paid the monthly salary of 1,500 soldiers. We are far from these dimensions, as far as I will not go at the price of a bottle. It is actually more interesting to note that Bucephalus translates as „ox head“. My personal interpretation leads to the stubbornness of the black stallion – and not to his physiognomy; the mixture of Berber stallion and Thessalian mare leads rather to a filigree animal, not unlike the Slovenian Lipizzaner.

 

It is said of Alexander the Great that his desire for great conquests awoke for the first time when, as a boy, he succeeded in riding Bucephalus, a then unruly young stallion. What wishes will awaken in me when I taste the Black Stallion Bucephalus? We will see… The desire to decant or decaffeinate this wine has by no means awakened in me. Both handiwork, for which I lack almost every understanding (almost, because old reds should definitely be decanted with depot, as well as very young wines can win by carafing). The petit bourgeois in a better restaurant cannot distinguish one from the other, the service personnel often just as little – and so they diligently tip over into questionable containers, which were previously carefully drawn in the bottle. It is really a legend that good and old red wine must always „breathe“ to develop its aromas. On the contrary: long matured red wines in particular should be drunk within two hours, because their taste can suffer from the oxygen shock. The few real sommeliers today recommend caraffing younger, medium-heavy red wines and younger, strong white wines – if at all.

 

My Bucephalus – a 2010 cuvée made from 81% Cabernet Sauvignon, 15% Merlot, 3% Syrah, 1% Petit Verdot – has a self-confidently long natural cork that hides under a wax capsule that is visually and haptically beautiful. The bottle is as elegantly designed as much that stands for real nobility and free of the bling bling that makes me shy away from some champagne, cognac and gin. After the gentle and happy opening, I first vinify my glass. Yes: also a cinnabar, which can denature the enjoyment of wine, but here for me alone likes to practice. Why? Well: at least I taste first with my nose, so I pour a small sip of wine into my glass, then swivel the glass until it is completely wet inside with the wine. I then dispose of this tiny sip of wine, but pour the following, my first sip, into a wonderfully fragrant glass. That’s all there is to it.

 

My nose immediately and clearly perceives what I expected: the red berries – here especially the blackberry and the black currant – paired with woody, cedar tones, and something very French, namely lavender. It is absolutely wonderful that exactly this odour is reflected on the palate! The long finish gives some cocoa and strong tannins – a picture-book wine! Since Bucephalus matures in 46% new barrels of French oak for two years, „French notes“ come as no surprise to me. The only surprise for me is the lavender taste instead of the expected vanilla note. And exactly this game of expectable, naturally perfectly balanced and completely surprising aromas make Bucephalus unmistakable. The attempt to find the right food was successful: a big steak. Also beside a strong cigar it can assert itself well, this „ox head“ of a wine.

 

Personally, I think shared joy is double joy – and I was happy to share this special, great wine. But: the complex force deserves at least my undivided attention – which rules out even the most pleasant company and, quite frankly, also the steak like the cigar. But please find out for yourself. Breaking my promise, I finally come back to the price: the price is high, relative as well as absolute. But statistically seen, the German spends on the average 3, – euro for a bottle of wine. What speaks against ten days of abstinence? What’s wrong with this excellent wine, once or twice a month? Nothing. Absolutely nothing. And that is precisely the desire that Bucephalus awakened in me.

https://vinobucks.de/shop/de/rotweine/usa/black-stallion-estate-winery-bucephalus-2010.html